Falsche Ausgewogenheit

"Heute reden wir mit einer Wissenschaftlerin über das Sonnensystem. Damit ihre Meinung nicht alleine im Raum steht, haben wir ein Mitglied der Flat Earth Society eingeladen."
Karikatur über falsche Ausgewogenheit von John Cook (2018)

Falsche Ausgewogenheit, gelegentlich auch als falsche Gleichgewichtung bezeichnet (englisch false balance, bothsidesism), ist ein Phänomen der medialen Verzerrung, bei dem vornehmlich im Wissenschaftsjournalismus einer klaren Minderheitenmeinung oder völligen Außenseitern ungebührlich viel Raum gegeben wird, sodass fälschlich der Eindruck entsteht, Minderheitenmeinung und Konsensmeinung seien gleichwertig.[1]

Hierbei werden beispielsweise Argumente und Belege angeführt, die in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Nachweisen der jeweiligen Seiten stehen oder Informationen unberücksichtigt lassen, die die Behauptung einer Partei als haltlos erscheinen lassen würden. Teilweise werden auch wissenschaftlich völlig haltlose Thesen als plausible oder gar fundierte Hypothesen präsentiert. Ursache für diese Verzerrung ist häufig der Wunsch von Journalisten, Verzerrung möglichst zu vermeiden.

Durch diese vermeintlich neutrale bzw. objektive Darstellung, die sich nicht am Forschungsstand orientiert, sondern Mehrheits- bzw. Konsensmeinung und Außenseitermeinung als gleichwertig darstellt, entsteht in der Öffentlichkeit ein falsches Bild über den Kenntnisstand innerhalb der Wissenschaft, das bis hin zur Verbreitung von klaren Falschinformationen reichen kann. In manchen Fällen wie z. B. beim wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel, den Gesundheitsgefahren des Tabakkonsums oder der Wirksamkeit von Impfungen kann in der Öffentlichkeit selbst bei seit langem wissenschaftlich unumstrittenen Themen der Eindruck entstehen, diese würden in der Wissenschaft kontrovers diskutiert.

  1. Lars Guenther, Hanna Marzinkowski: Evidenz und (falsche) Ausgewogenheit in der Berichterstattung über Medizin und Gesundheit:: Eine Inhaltsanalyse von Print- und Online-Medien. In: Evidenzbasierte | evidenzinformierte Gesundheitskommunikation. 1. Auflage. Nomos Verlagsgesellschaft mbH, 2018, ISBN 978-3-8487-5024-5, S. 191–202, JSTOR:j.ctv941tgs.17.

Developed by StudentB